Mythos 1: "Soja zerstört den Regenwald."
Es ist wahr, dass Regenwälder für Soja-Plantagen abgeholzt werden. Und das ist schlimm! Doch Tofu ist nicht daran Schuld. Nur ein sehr kleiner Teil des angebauten Sojas (1-2 Prozent) wird für die Herstellung von Lebensmitteln aus Soja wie Tofu genutzt. Das meiste Soja (mind. 80 Prozent) wird an Nutztiere verfüttert. Fleisch zu essen, schadet dem Regenwald also mehr, als Soja-Produkte zu essen.
Mythos 2: "Soja ist genmanipuliert."
Lebensmittel und Futtermittel, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten, aus ihnen bestehen oder hergestellt wurden, müssen seit 2004 aufgrund des europäischen Gentechnikrechts EU-weit gekennzeichnet werden.
Dagegen besteht keine Kennzeichnungspflicht für Produkte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden. Dabei wird das meiste gentechnisch veränderte Soja an Tiere verfüttert.
Sojaprodukte, die mit einem der Siegel “Ohne Gentechnik” gekennzeichnet sind, enthalten also sicher keine GVO. Bei Fleischprodukten ist das nicht so einfach.
BIO-Soja, die in NADURIA-Produkten verwendet wird, ist per Definition nicht genmanipuliert.
Mythos 3: "Soja macht weiblich."
Der Ernährungswissenschaftler Niko Rittenau schreibt in seinem Buch “Vegan Klischee Adee!” (2018) auf Seite 397: “Entgegen früherer Befürchtungen, die größtenteils auf Zellkulturstudien und Tierversuche zurückgingen, zeigten Studien am Menschen keine negativen Auswirkungen durch Soja in Bezug auf den Testosteronspiegel, die Spermienqualität und weitere Parameter der Fruchtbarkeit bei den üblichen Verzehrsmengen.”
Der vegane Bodybuilder Nimai Delgado zu Soja:
“Yes, I eat tofu & soy products several times a day and have my whole life. No, it does not have negative side effects (unless maybe if you’re allergic). It’s quite the opposite. There are actually many health benefits (…).”
Zu Deutsch:
“Ja, ich esse Tofu und Sojaprodukte mehrmals am Tag und habe es mein ganzes Leben. Nein, es hat keine negativen Nebenwirkungen (außer vielleicht, wenn man allergisch darauf ist). Ganz im Gegenteil. Es hat wirklich viele gesundheitliche Vorteile.”
Der vegane Bodybuilder (und Freund von Nimai Delgado) Brian Turner wollte 2019 diesen Mythos am eigenen Leibe testen:
So aß er einen Monat lang etwa 500g Soja pro Tag und ließ anschließend einen Bluttest machen, um herauszufinden, ob sich seine Testosteronwerte verändern. Das Ergebnis war erstaunlich! Seine Testosteronwerte stiegen von 596 ng/dl auf 698 ng/dl an! Er wurde nicht schwacher und auch nicht dicker. “Manboobs” bekam er tatsächlich auch nicht.
Insgesamt aß er in diesem Monat:
- 30 Blöcke Tofu
- 8 Chipotle Burritos
- 24 Schachteln Sojamilch
- 5 Blöcke Tempeh
- zwischendurch verschiedene Snacks aus Soja
>> Hier geht’s zu Brians Youtube-Video (Englisch)
Weitere Beispiele für vegane Bodybuilder*innen, die uns beeindrucken: Bianca Taylor, Derek Simnett, Ferdinand Beck, Cole Hastings
Mythos 4: "Soja verursacht Krebs."
Zuerst müssen folgende Begriffe verstanden werden:
Phytoöstrogene = sekundäre Pflanzenstoffe, die strukturelle Ähnlichkeit zu Östrogenen (den weiblichen Geschlechtshormonen) aufweisen, sie sind jedoch chemisch betrachtet nicht mit den menschlichen Geschlechtshormonen zu vergleichen, werden auch als “pflanzliche Östrogene” (griech. phyto = pflanzlich, Pflanze(n)) bezeichnet
Isoflavone = Gruppe der Phytoöstrogene
hormonsensitiv = “auf Hormone reagierend”
Vorab lasst uns Positionen von Fachgesellschaften zu Soja betrachten?
- American Cancer Society (ACS): “Sojabohnen und daraus hergestellte Lebensmittel sind eine exzellente Quelle an Protein und stellen eine gute Alternative zu Fleisch da. […] Soja ist eine gute Quelle für sekundäre Pflanzenstoffe wie Phytoöstrogene, die einen Schutz vor hormonsensitiven Krebsarten darstellen können.”
- American Institute for Cancer Research (AICR): “Da Soja östrogenähnliche Substanzen enthält, führte dies in der Vergangenheit zu der Befürchtung, dass Soja das Risiko für hormonsensitive Krebserkrankungen erhöhen könnte. Die Beweislage zeigt aber, dass dies nicht der Fall ist. […] Sojakonsum führt nicht zu einer Erhöhung des Östrogenspiegels im Menschen.”
- British Dietetic Association (BDA): “Es ist belegt, dass Sojaprodukte von allen Personen innerhalb der Bevölkerung ebenso von Männern und Frauen mit Brustkrebs konsumiert werden können. […] Es gibt mittlerweile einen wissenschaftlichen Konsens, dass die Kontroverse rund um potentiell negative Effekte von Isoflavonen (Phytoöstrogene) beim Menschen lediglich durch Zellstudien und Tierexperimente mit isolierten Isoflavonen in hohen Dosen zustande kamen.”
Wer vor Phytoöstrogenen Angst hat, sollte zuerst auf Kuhmilch (Muttermilch der Kälber) verzichten! Diese enthält nämlich tierisches Östrogen und das ist dem menschlichen Östrogen noch ähnlicher als das “pflanzliche Östrogen”.
Auch Bier enthält vergleichsweise große Mengen an Phytoöstrogenen! Daher setzen fleißige Biertrinker leichter Fett am Bauch an. Statt einem Schwangerschaftsbauch wächst dann ein Bierbauch. 😉 Dennoch liegt es natürlich nicht nur am Bier, wenn der Bauch immer dicker wird. Und an einer normalen Menge Soja ganz bestimmt auch nicht!
Doch was ist eine normale Menge an Soja? Die amerikanische Lebensmittelbehörde FDA betrachtet eine Menge von 25 Gramm Sojaprotein pro Tag, was etwa 300 Gramm Tofu oder 800 ml Sojamilch entspricht, als normale Menge. Diese geringe Menge ist in jedem Fall unbedenklich für alle Menschen, die keine Soja-Allergie haben.
Als sekundäre Pflanzenstoffe haben Phytoöstrogene sogar gesundheitliche Vorteile: Sie gehören zu den kraftvollsten Antioxidantien, die es gibt. Antioxidatien reduzieren oxidativen Stress, welcher unzählige Krankheiten verursachen kann.
Also ja zu Soja!
Weitere Pflanzen mit geringen Mengen an Phytoöstrogenen sind beispielsweise Kaffeebohnen, Leinsamen, Sesam, Linsen, Reis und Karotten.
Mythos 5: "Soja ist zwar proteinreich, doch pflanzliches Protein kann nicht gut vom Körper verwertet werden."
Ein weit verbreiteter Irrtum besagt, dass pflanzliches Eiweiß, wie etwa aus Soja, vom Körper schlecht verwertet werden kann. Tatsächlich gibt es Unterschiede zwischen tierischen und pflanzlichen Proteinen, doch pflanzliche Quellen wie Soja enthalten alle essentiellen Aminosäuren, die der Körper benötigt. Dadurch zählt Soja zu den wenigen pflanzlichen Proteinen, die in dieser Hinsicht mit tierischen vergleichbar sind.
Der Irrglaube, pflanzliche Proteine seien weniger verwertbar, beruht oft auf dem Konzept der biologischen Wertigkeit, das zur Beurteilung der Proteinqualität herangezogen wird. Dieses Konzept wird jedoch in der modernen Ernährungswissenschaft zunehmend hinterfragt, da es wenig über die tatsächliche Nährstoffaufnahme aussagt. Neuere Studien zeigen, dass pflanzliche Proteine, wenn sie richtig kombiniert werden, sehr effizient vom Körper genutzt werden können.
Für weiterführende Informationen zur biologischen Wertigkeit empfehlen wir den Blogbeitrag von Johannes Steinhart (https://science-fitness.de/ernaehrung/biologische-wertigkeit-protein-eiweiss). Dort wird wissenschaftlich fundiert erläutert, warum die biologische Wertigkeit – wenn überhaupt – nur eine begrenzte Aussagekraft besitzt.
Quellen
- Fairlis Magazin: “Soja – Anbau, Verwendung, Umweltprobleme, Gesundheitliche Auswirkungen & FAQ” (11.04.2021), URL: https://www.fairlis.de/post/soja/#
- Vegane Gesellschaft Österreich: “Die zwei Gesichter der Sojabohne – und ihre Erfolgsgeschichte in Österreich” (22.02.2021), URL: https://www.vegan.at/inhalt/die-zwei-gesichter-der-sojabohne-und-ihre-erfolgsgeschichte-osterreich (Stand: 11.07.2024)
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: “Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel” (04.09. 2019), URL: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittel-kennzeichnung/freiwillige-angaben-und-label/kennzeichnungspflicht-gvo.html (Stand: 11.07.2024)
- bevegt-vegan leben und laufen, Katrin Schäfer (2015): “Soja: Mythen und Fakten über Tofu, Tempeh und Sojamilch”, URL: https://www.bevegt.de/soja/ (Stand: 12.07.2024)
- Vegane Gesellschaft Österreich Faktencheck: “Wie gesund ist Soja?” (12.04.2023)URL: https://www.vegan.at/soja (Stand: 12.07.2024)
- Ventil Verlag, Niko Rittenau: “Vegan-Klischee ade!” (2018)